„Die rationale Gesellschaft, die auf Beherrschung der inneren und äußeren Natur beruht und das diffuse, der Arbeitsmoral und dem herrschaftlichen Prinzip selber abträgliche Lustprinzip bändigt, bedarf nicht länger des patriarchalischen Gebots von Enthaltsamkeit, Jungfräulichkeit, Keuschheit.“ Theodor W. Adorno, Sexualtabus und Recht heute, 1963
„But nudity is a confusing subject.“
Paul O’Neil, Nudity, in: Life Magazine, 1967
Zur aktuellen Faktenkrise und zum Ruf nach neuen Standards der Wahrheitssicherung im Verwirrspiel der neuen Medien befragt, schlägt die Wissenschaftshistorikerin Lorraine Daston im Interview Bauchgefühl ist nicht Wahrheit des Schweizer Tages-Anzeigers eine Alternative zur binären Opposition von Fakt und Fiktion vor: Man solle die Ideale der Aufklärung wieder mobilisieren. Voltaire habe verstanden, dass Empörung ermüdet. „Wir brauchen Gelächter, Satire, Spott, [...]“, um die Dichotomien zu verunklären. „Deshalb hasst Donald Trump die Comedysendung „Saturday Night Live“ so sehr“ (Daston 2017: o.S.). Gemäß Dastons Idee, jeder Umbruch in der Neustrukturierung und Distribution von Wissen bringe Perioden der Anarchie, des Experimentierens und des Spotts hervor, wandte die kalifornische Künstlerin Illma Gore jüngst die Waffe der künstlerischen Satire in Form einer Verkleinerungsstrategie gegen white supremacy an: Das Ganzfigurenporträt im Pastell-Ölfarbengemisch ihres Bildes Make America Great Again (2016), das Schweinchen-Rosa der Hautfarbe vor aseptisch weißem Hintergrund hervorhebend, verbindet die auf das rechte Knie gestützte Macker-Pose des US-Präsidenten mit einer Miniversion seines Gemächts, „a micropenis“, wie die Medien titeln, der als Kommentar auf die Impotenz im Feld seiner politischen Urteilskraft gelesen wurde. Das Bild von Illma Gore wurde in den sozialen Medien innerhalb kürzester Zeit 50 Millionen Mal geteilt. Das Nacktbild des Präsidenten, der für weite Teile der Öffentlichkeit für die schlechte Form der Untergrabung der Unterscheidung zwischen Fakt und Fiktion steht, hatte unmittelbar einen Nerv der Affektgemeinschaft des Netzes getroffen, was sich einerseits in brennender Zustimmung niederschlug, andererseits in Morddrohungen gegenüber der sich als feministisch positionierenden Künstlerin, einem Schlag in ihr Gesicht durch einen glühenden Trump-Anhänger und in einer horrenden Marktwertsteigerung des Kunstwerks.1 Illma Gore und ihr Account wurden im Zuge dieser Netztumulte von Facebook gesperrt.
Künstlerische Mittel der Übertreibung in vervielfältigten Schrift- und Bildwerken sind seit den Kämpfen der Reformation und Gegenreformation (mittels Buchdruck und Druckgrafik) und einer weiteren Welle zu Zeiten der Französischen Revolution Instrumente der politischen Meinungsäußerung (Bindman 1989). Auch gehört ihre Eindämmung zur Geschichte der Medienrevolutionen (nach der Erfindung des Buchdrucks etwa entwickelten sich in der jesuitischen Tradition elaborierte Mechanismen zur Qualitätskontrolle). Die Formen und Institutionen der Zensur sind jedoch in der Digitalmoderne in Wandlung begriffen.2 So gerät im Fall von Make America Great Again, den Slogan von Trumps Wahlkampagne allein durch den Kontextwechsel persiflierend, nicht die staatliche oder juristische Zensurmaschine zur Verhandlung der Grenzen künstlerischer oder politischer Meinungsfreiheit unter Druck, die durch paradigmatische Fälle von Künstler*innen vor Gericht in jahrhundertelanger Verfeinerung der Argumente sowohl bezüglich des Freiheits- als auch des Kunstbegriffs immer wieder neu ausgehandelt wurden (Frimmel/Traumane 2018). Das Besondere an der aktuellen Gemengelage ist die Tatsache, dass jenseits kunstinterner, staatlicher oder juridischer Regulierungen Medienunternehmen und ihre bislang streng geheimen Richtlinien zur Zensur über das Erscheinen oder Verschwinden von bestimmten Bildern oder Künstler*innen aus sozialen Netzwerken entscheiden. Die Mechanismen der Zensur wurzeln in jahrhundertelanger Tradition; die aktuellen Entscheidungsträger im Feld des Anstößigen etablieren jedoch neuartige Regeln der Opazität.
In Hans Blocks und Moritz Riesewiecks Dokumentarfilm THE CLEANERS – IM SCHATTEN DER NETZWELT (D 2018) wird der Fall Gore im Kontext der Tätigkeit von „Content Moderators“ Facebooks verfolgt, die auf den Philippinen zehn Stunden täglich ca. 25.000 Bilder daraufhin überprüfen, ob ihre Darstellung von Gewalt oder Nacktheit gegen die Unternehmensrichtlinien verstoßen.3 „Den schlimmsten Fehler, den man begehen kann, ist, Nacktfotos zuzulassen. Brüste oder männliche Genitalien – absolut inakzeptabel.“ (THE CLEANERS) „Zur Reinigung des Netzes“ souffliert der Beitrag. (Die Bildmoderatorin träumt in der Nacht von abertausenden Genitalien, die sie tagsüber löscht. Das seien ihre „guilty pleasures“, für die sie sich schuldig fühle und an denen sie gleichzeitig gefallen finde.) Die Algorithmen zur Vorauswahl der Motive des US-amerikanischen Unternehmens springen vor allem auf Nacktheit und Gewalt an (Gillespie 2018). So globalisieren sich in Silicon Valley erfundene Richtlinien und vervielfältigen sich die zu Grunde liegenden Moralvorstellungen durch Auslassungen im internationalen Gewebe der Bilder. Gemäß der Facebook-Richtlinien wird das Problem der Kunstfreiheit im Fall Gore gar nicht erst gestellt; die Content Managerin löscht das Bild aufgrund des Angriffs auf die Persönlichkeitsrechte Donald Trumps, genauer wegen „Herabwürdigung der Persönlichkeit“ durch die Nacktsatire. In rahmenden Kommentaren zum Film liest man, dass komplexe Entscheidungen über Zensur oder Sichtbarkeit an die Content Manager abgegeben werden: „Die Kriterien und Vorgaben, nach denen sie arbeiten, sind eines der am besten geschützten Geheimnisse von Silicon Valley.“ (Kommentar der Regisseure im Forum) Über welche Bildinhalte die Content Manager jedoch überhaupt entscheiden können, wird von technischen Automatismen vorgegeben. Dies kann natürlich auch gute Gründe haben: lebensgefährdende Kinderpornografie, für die es unbedingt Löschungsregelungen geben muss, werden algorithmisch unterbunden. Gleichzeitig können computergestützte Bilderkennungsverfahren nicht zwischen pornografischen Nacktbildern, künstlerischem Akt oder Nacktsatire unterscheiden. Was gezeigt werden darf und was nicht, unterliegt nicht mehr der Beurteilung der tradierten Institutionen des Staates oder der Religion. Die Frage, die sich heute bezüglich der Neusortierung der Institutionen und Zensurmaschinen stellt, ist die nach dem Konvergenzpunkt „operationaler Konnektivität“ technischer Medien, „repräsentationaler Logiken der Kollektivierung“4 und ihrer Einspeisung in ökonomische Zusammenhänge. Zieht man in Betracht, dass heutige algorithmische Environments eine Konnektivität unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle etablieren, im blackboxing dazu tendieren, unsichtbar zu wirken und gleichzeitig omnipräsent zu sein 5, sortieren sich die Logiken der Repräsentation von Gemeinschaften (kollektiver Mythen, ikonischer Symbole, gesellschaftlicher Institutionen und ihrer Grenzen) neu. Es sind diese Experimentalphasen, die Lorraine Daston mit Medienrevolutionen verbindet, in denen die Begriffe zur Bezeichnung technischer Dinge, sozialer Handlungen und Formen der Repräsentation (wieder) geschärft werden (Baecker 2018). Die aktuellen Gesetzesentwürfe wirken dabei überregulierend: Wie die gegenwärtige Reformierung des europäischen Urheberrechts durch die europäischen Instanzen (Europaparlament und Ministerrat) zeigt, sollen künftig Uploadfilter das Erscheinen und Verschwinden urheberrechtlich geschützter Inhalte auf allen Internet-Plattformen steuern, was wiederum das automatische Löschen von Inhalten zur Konsequenz und die Gefahr des Overblocking (auch Overcensoring genannt) zur Folge hat.6 Der Paragraf 13 des geplanten Urheberrechts hat unmittelbare Auswirkungen auf den hier verhandelten Fall: Uploadfilter können Ironie und Satire nicht erkennen. Satirische Bearbeitungen tradierter Inhalte, Meme oder Persiflagen werden als Instrumente der Kritik algorithmisch ausgeschaltet. Die Experimentalphase der Digitalmoderne, wie sie Daston beschrieben hat, scheint ihrer Einhegung entgegenzusteuern. Hatte 2009 André Gunthert die Prognose abgegeben, dass der Wert von Bildern im Web 2.0. in ihrer Teilbarkeit liege („Today, the value of images lies in the ability to share them“) (Gunthert 2009), steht diese Möglichkeit zur Zirkulation zehn Jahre später durch fortschreitende Zensurpraktiken als Ganze auf dem Spiel.
Das generelle Bildthema der in der Netz-Zensur verhandelten Nacktheit ist keine biologistische Bezeichnung eines natürlichen Zustands oder eine Zeichenchiffre, die durch das Auflösen ihrer kulturellen Konstruktion als reine Codierung entlarvt werden könnte; ihr Vorkommen oder ihr Verbergen hängt an Strukturen der Transparenz und Opazität, die von einer „komplexen soziotechnischen Logistik“ (Rothöhler 2018: 87) abhängt, die heteronormative Skripte reproduziert und eine Pornografisierung jedweder Form von öffentlicher Nacktheit vorantreibt. In der algorithmischen Bilderkennung von VVPF-Verfahren (computer based-pornography filtering) sind Annahmen über Pornografie, Sexualität und den Körper eingeschrieben, die das Feld von Content Moderators vorstrukturieren: „[...] that sexualility is largely comprised of men looking at naked women and that pornographic bodies comport to specific, predictable shapes, textures and sizes.“ (Gehl 2016: 2) Dass sich durch die Zensur im Bereich der „guilty pleasures“ der einzuhegende Pornografieverdacht über die Fragen zur Kunst- und Meinungsfreiheit legt und diese verdrängt oder verdeckt, zeigt die Historisierung der aktuellen Diskussion. Im Umbruchsjahr 1967 hatte der Zusammenschluss von öffentlicher Zurschaustellung von Nacktheit, dem Anspruch auf künstlerische Freiheit und medialer Repräsentation ebenfalls eine Neuverhandlung der politischen und juridischen Zensurpraktiken zur Folge. Durch die historische Rückblende soll kein utopischer Befreiungsraum um 1967/68 beschworen werden; die Differenz zur aktuellen Diskussion lässt jedoch den Umstand klarer hervortreten, dass die Richtlinien zur Abgrenzung von Pornografie und Kunst im historischen Fall in einer öffentlichen Verhandlung zugänglich gemacht wurden und nicht hinter soziotechnischer Opazität verschwanden.
Als die an der Juilliard School ausgebildete Cellistin Charlotte Moorman 1967 halbnackt das Stück Opéra Sextronique ihres Künstlerkollegen Nam June Paik in New York uraufführte, wurde sie von der Polizei wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses inhaftiert und vom zuständigen Richter Milton Shalleck in die Ecke von gesellschaftsgefährdenden Praktiken der Obszönität gestellt. Zu dem Zeitpunkt ihrer Verhaftung organisierte Charlotte Moorman eines ihrer jährlichen Avantgarde-Festivals, das der Sichtbarkeit der Neo-Avantgarde im Stadtgefüge von New York dienen sollte.7 Mobilisierung der Träume durch die Mobilisierung der Freunde.8 Als Gage gab es keine Dollars, sondern selbst ausgeschnittene Cello-Silhouetten aus Glitzerpapier mit Weihnachtsgrüßen, „much love“-Beteuerungen standen darauf und viele in die Luft gemalte Herzchen.
Alle machten immer wieder mit, obwohl Charlotte Moorman zu Proben Stunden zu spät oder gar nicht erschien. Die Festivals lebten nur als Kollektiv: die Einladungskarten waren simple Listen der Originalunterschriften aller Teilnehmer*innen (John Cage, Yvonne Rainer, Nam June Paik etc.). In den Erinnerungen Carolee Schneemanns ist Charlotte Moorman eine Beauty mit klassischen skills, die sie an der Juilliard School verfeinerte, und die so gar nicht ins Schema des Avantgarde-Dilettantismus von Fluxus-Performances passte. Moorman brach mit Virtuosität die Regeln, indem sie sie umsortierte (nachdem sie in ihrer Teenie-Zeit regionale Schönheitswettbewerbe gewonnen und die traditionelle Bühnenperformanz einer Konzertmusikerin eingeübt hatte). Ihr Körperbild war immer schon öffentlich. Und ihre Inhaftierung wegen Nacktheit in der Öffentlichkeit brachte diese auf das politische Tapet. Die Zensurmaschinerie der Staatsanwaltschaften und Gerichte versuchte in einem hilflosen Versuch, die wie Bomben einschlagenden Zeitungsmeldungen und die progressiven Kräfte, die auch in anderen Bereichen seit Anfang der 1960er Jahre erstarkten (etwa bei der Lockerung des Hays Code9 zur Zügelung von Nacktheit und Gewalt im Hollywoodfilm), durch die Staatsgewalt einzudämmen. Der Kampf um die Freiheit der Kunst und die Grenze des Zeigbaren mündete durch die Medienpräsenz des Falls Moorman im September 1967 in einer vom Gouverneur von New York State Nelson Rockefeller veranlassten Gesetzesänderung, die seither die öffentliche Zurschaustellung des nackten Körpers in künstlerischen Performances im Staat New York erlaubt. Die Ereignisse, die sich zwischen Februar und September 1967 vollzogen, sind gleichzeitig End- und Wendepunkt in einer Diskussion um Begrifflichkeiten, die sich seit 1963 einerseits in der europäischen Strafrechtsreform10 und andererseits in anglo-amerikanischen Debatten zur Abgrenzung von Kunst und Pornografie in der Literaturtheorie und Ästhetik nicht ganz synchron vollzogen (Weder 2016). Doch nun alles nach der Reihe.
Charlotte Moorman war irritiert. Sie hatte das Stück Opéra Sextronique schon in Frankfurt 1966 uraufgeführt, so wie geplant halb nackt und dann mit ihrem „electric bikini“ – manche klatschten, andere interessierte die Fluxus-Attitüden wenig (Schürmer 2018).11 Durch den Kontinentwechsel und den – wie sich zeigen sollte – Systemwechsel der juristischen Kontrolle in den USA wurde ihre Nacktheit zum politischen Statement. Das Stück war mit 45 Minuten und vier Akten der bis dato längste von Paiks Versuchen, das letzte Tabu der neuen Musik zu brechen: die Integration von Sexualität in die Kunstmusik.
Schon im Oktober 1965 hatten Moorman und Paik John Cages Human Cello for a String Player aufgeführt und auch die Sonata No. 1 for Adults only sah partielle Nacktheit in der Aufführung vor.
Auf dem Plakat zur Ankündigung der Opéra Sextronique wird Sex als eine Befreiungspraxis nach den Emanzipationen von Serialismus und Aleatorik vorgestellt, welche der Musik im Hierarchiesystem der Künste den gebührenden Platz neben der Malerei und der Literatur einräumen soll: „there is still one more chain to lose ... that is ... PRE-FREUDIAN HYPOCRACY.“ Diese Befreiungsrhetorik wird von einer Fotografie Charlotte Moormans in Unterwäsche hinterfangen, die ihr Cello mit der linken Hand von sich streckt und gerade aus einem langen Rock steigt. Das Motiv: das Fallen der verhüllenden Stoffe. Das Schriftbild markiert den als Schwarz-Weiß-Fotografie abgebildeten Körper Moormans: durch die Parallelität ihres linken Armes und der großen Lettern Opéra Sextronique wird der Tabubruch an ihren Körper gebunden. „By invitation only“ – der Abend ist für eine limitierte Öffentlichkeit bestimmt. Charlotte Moorman und Name June Paik hatten aufgrund von Fällen öffentlichen Ärgernisses wegen radikaler künstlerischer Performances von ihrem befreundeten Rechtsanwalt geraten bekommen, nur ausgewählte Teilnehmer*innen zuzulassen.
Der Aufführungsort, den sie für den 9. Februar 1967 wählten, war die Film-Makers' Cinematheque, 125 W 41st Street, an dem Andy Wahrhols CHELSEA GIRLS im September 1966 uraufgeführt wurde und das Expanded Cinema seine Entgrenzungsexperimente des Undergroundkinos in den Monaten zuvor zur Schau stellte. In der öffentlichen Debatte war dieser Ort unter anderem deshalb in der Diskussion, weil seit den 1960er Jahren die Gegend der 42nd Street, des Broadway und des Times Square fundamentalen sozioökonomischen Wandlungen unterworfen war, die begrifflich, institutionell und stadtpolitisch eingefangen werden mussten: Pornokinos eröffneten in alten Filmtheatern, „der Times Square und die anliegenden Straßen wurden zu einem Schauplatz der Prostitution und des Drogenhandels“ (Schweitzer 2003: 7). So grenzt sogar Susan Sontag in ihrem frühen Vortrag zu den Unterscheidungskriterien von Kunst und pornografischer Literatur, den sie am 2. November 1964 mit dem Titel On Classical Pornography hielt, die 42nd Street-Pornography von den literarischen Formen der Pornografie und des Films ab, um deren Kunststatus hervorzuheben. Im Winter 1966/67 gab es darüber hinaus im Staat New York eine Debatte über Nacktheit in der Öffentlichkeit: zwei Kellnerinnen hatten im Nachtclub Crystal Room Oben Ohne serviert und wurden zusammen mit dem Manager des Etablissements wegen „indecent exposure“ verhaftet. Der Mayor von New York City John Lindsay verurteilte zu diesem Zeitpunkt öffentlich die vulgäre Praxis als Burlesque. Als im November 1966 die Truppe traditioneller guineanischer Tänzerinnen Les Ballets Africains im Barrymore Theater aufführten, entschied Mayor Lindsey, dass die Entblößung des Oberkörpers in diesem Fall durch die Einbettung in den Zusammenhang afrikanischer Kulturpraxis gerechtfertigt sei. Diese „racial double standards“ (Rothfuss 2014: 176) der Veröffentlichung von Nacktheit und die stadtplanerischen Kämpfe um den als verwahrlost geltenden Stadtteil waren die soziopolitischen Hintergründe der Moorman/Paik-Performance im Februar 1967. Nicht nur die Performer waren auf Krawall gebürstet, schon bei den vorbereitenden Proben und bei der Aufführung waren Polizisten in Zivil anwesend: Man rechnete mit dem Skandal.
Bei der Performance vor ca. 200 Zuschauern trug Moorman im ersten Akt den „electric bikini“, Dreiecke elektrischer Lichter, die Paik rhythmisch ein- und anschaltete, während Moorman die Bühne langsam betrat.
Im zweiten Akt saß sie barbusig und in einem langen schwarzen Rock auf der Bühne hinter ihrem Cello, bevor sie im dritten Akt nackt hinter einer Trennwand spielen sollte, wozu es nie kam.
Noch während des zweiten Aktes brachen die anwesenden Polizisten die Aufführung ab und führten Moorman und Paik aus dem Saal; beide wurden nach einer Nacht im Gefängnis entlassen, aber nur Moorman am 9. Mai 1967 angeklagt, wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses für schuldig befunden und auf Bewährung verurteilt. Die Anklage, die der Richter Milton Shalleck erhob, beschuldigte Moorman absichtlich und unsittlich „private parts“ öffentlich vorgeführt zu haben, wovon er Unzüchtigkeit und Sittenwidrigkeit nach dem Penal Law ableitete. Durch ein 29-seitiges Opinion Paper, das der Richter unter dem Titel „People of the State of New York York against Charlotte Moorman“ im New York Law Journal veröffentlichte, machte Shalleck den Fall zu einem Schauprozess, in dem er nicht nur Charlotte Moorman wegen Nacktheit in der Öffentlichkeit verurteilte, sondern einer ganzen sozialen, politischen Bewegung entgegentrat (Shalleck 1967: o. S.). Mit einer doppelt geführten Argumentationsstrategie wertet Shalleck einerseits die „fragwürdige Lebensweise“ der künstlerischen Avantgarden („John Cage- breakthrough in art“) ab, die im Zuge der Schwulenbewegung, des Feminismus und der aufstrebenden Pornoindustrie erstarke; andererseits argumentiert er gegen die Anerkennung der Opéra Sextronique als Kunstprodukt: „Die heilige Schönheit der weiblichen Brust“, so Shalleck, „wurde von Malern, Schriftstellern und in Skulpturen verewigt. Aber in keinem Gedicht, in keiner Prosa, in keinem Ölgemälde, in keiner Statue oder Büste habe ich ein Bild von einer nackten oder halbnackten Cellistin beim barbusigen Spielen ihres Instruments gesehen“ (Shalleck 1967: o. S.). Das Problem umgehend, dass Nacktheit in der abendländischen Malerei und Skulptur Teil der klassischen Motivgeschichte ist, präzisiert Shalleck, dass nicht Nacktheit allein das Problem sei, sondern die Obszönität und Schmutzigkeit bei ihrer Zurschaustellung: „Nudity in itself without lewdness or dirtynes is not obscenity [...].“12 Die Nacktheit, so argumentiert wiederum der Kunstkritiker David Bordon über den Formbegriff vor Gericht, sei in der Komposition durch die Dynamik von Verhüllung und Entblößung des Körpers und den Anschluss an Technologien und Objekte (Light Bikini und Propeller, die an die Brüste appliziert wurden) künstlerisch überformt und in die Komposition integriert. Zur Abgrenzung gegenüber einfacher Zurschaustellung von Obszönität hebt Bordon die Kunstwürdigkeit des Stückes durch eine Einbettung in die „mixed-media“ und „crossover“ Tendenzen des erweiterten Kunstspektrums hervor, in denen sowohl neue auditive Collagen als auch „all sorts of visual devices“, wie neue Technologie und Entblößungspraktiken der Körper integriert seien (Bourdon 1967: o.S.). Den Richter bringt dieses Potpourri an Praktiken in einen Zuschreibungstaumel: „Was it a musical performance or was it a tableau?“ (Shalleck 1967: o.S.)
Wohlweislich, dass die Diskussion um die Kunstfreiheit nicht das einzige Problem des Falls Moormans ist, ergänzt der Richter Shalleck in seinem Opinion Paper eine Warnung vor den Bildern der Massenmedien, durch welche die gefährlichen Bewegungen erstarken könnten. Der Schauprozess diene dazu, die Öffentlichkeit und damit die „public people of New York“ in ihrem Gemeinwohl zu schützen: „the desires, like and wants of the comunity as a whole“ (Shalleck 1967: o. S.) Schlussendlich ist es ein ironischer Effekt des Gerichtsfalls, dass gerade durch das juristische Verbot der Nacktheit Charlotte Moormans, angesichts einer Fluxus-Performance mit limitierter Öffentlichkeit, der nackte weibliche Körper in den Zeitungen als tausendfach reproduziertes Bild Eingang findet und es zu so starken Protesten gegen ihre Verhaftung kommt, dass der Gouverneur von New York State Nelson Rockefeller sich unter dem Druck der Öffentlichkeit gezwungen sieht, den Gesetzestext von New York State ändern zu lassen. Die erst seit dem 1. September 1967 in Kraft tretende Gesetzesänderung erlaubte „partial nudity“ in künstlerischen Performances in New York State. Aufgrund der fotografischen Bilder von Charlotte Moorman, die ab dem 10. Februar in der New York Times, The Village Voice, World Journal Tribune und anderen Zeitungen veröffentlicht wurden, beginnt der Schauprozess als mediales Spiel über die Entblößung und Verhüllung von Moormans nacktem Körper, der als vergeschlechtlichter Schauplatz vorgestellt wird.
In den dokumentarischen Bildern erscheint Moorman meist in der Mitte zweier ziviler oder uniformierter Polizisten, die Staatsgewalt repräsentierend, teilweise gewaltvoll ihr das Cello entreißend, an das sie sich klammert. Moorman ist auf den Zeitungsbildern halb verhüllt, durch einen Mantel geschützt, den ihr ein Freund, der Kunstkritiker David Bourdon, umgelegt hatte. Die angeprangerte Nacktheit der „Topless Cellist“, ein Begriff, den die Headlines prägen, ist nicht direkt über die Bilder vermittelt, sondern über den rahmenden Text: Bildunterschriften wie „Charlotte Moorman, still clutching her cello screams as police arrest her“ treffen zusammen mit dem entsetzten Gesicht Moormans, die sich gegen die Polizeigewalt zu wehren sucht, ihr Instrument als Waffe und zum Schutz hochhaltend. In diesem Referenzsystem zwischen Text und Bild wird eine Affektpolitik bedient, welche die soziale Funktion der Aktivitäten Moormans, die später als juristisches Urteil gesellschaftspolitische Relevanz erlangen wird, mit der ästhetischen Funktion überblendet. Mehr noch, die Verschränkung von Polizeigewalt, juristischer Verurteilung und Medienbildern führt zu einer Dynamisierung der Eindämmung und des Ausbruchs des verhandelten Problems: der öffentlichen Zurschaustellung von Nacktheit. Das Verbot führt zur Reproduktion des Bildes verhüllter Nacktheit (in Verbindung mit der Gewalt gegen Frauen). Die fotografischen Bilder der Inhaftierung Moormans beruhen dabei auf einer zweifachen Negativität: der Absenz des performenden Körpers des zeitbasierten Stückes Opéra Sextronique (der Augenblick des „eigentlichen“ Ereignisses ist immer schon vergangen) und der Absenz des vollkommen entblößten Körpers, die als Versprechen und/oder Bedrohung die Medienbilder im Subtext begleitet.
Die Verhandlung des nackten Körpers und die an ihn gebundenen Diskurse um Sexualität ist in den 1960er und 1970er Jahren von einer Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen durchzogen: die Gesellschaftskritik und Aufbruchsprogramme laufen zwar auf eine „Totalrenovation der Sitten“ (Weder 2016: 13) zu, durch die eine Erstarrung im Denk- und Wertkonservatismus aufgebrochen werden soll; die Waffe der Nacktheit zur Überschreitung der Grenzen wird jedoch in den verschiedenen Systemen der Gesellschaft und im interkontinentalen Vergleich verschieden adressiert. So debattiert man schon seit Anfang der 1960er Jahre in der US-amerikanischen Filmkritik anhand von paradigmatischen Fällen wie FLAMING CREATURES (USA 1963), aber auch in Diskussionen um die Erweiterung der Darstellungsformen von Gewalt und Sex im Hollywoodfilm (Bsp. BABY DOLL, PSYCHO, TAXI DRIVER). In der Literaturkritik arbeitet sich bis Anfang der 1970er Jahre die zweite Phase der psychoanalytischen Literaturtheorie an meist französischen Haupttexten ab, wie Deleuze/Guattari L'Anti-Œdipe (1972), Roland Barthes Le plaisir du texte (1973) oder Kristevas La révolution du langue poétique (1974), die einen gemeinsamen Gravitationspunkt finden: Der Sexus wird radikal von biologistischen Verknüpfungen mit dem Fortpflanzungsparadigma gelöst und als revolutionäres Potenzial im Feld der repressiven lustfeindlichen Strukturen der Gesellschaft verhandelt. Prominent sind im europäischen Diskurs Marcuses Entsublimierungsthesen zur „Einheit von Sublimierung und Entsublimierung“ einer sexualisierten Ästhetik (Marcuse, Kunst und Befreiung: 141–143), die zur breiteren Autonomiedebatte des Subsystems Kunst beiträgt. Das Feld der visuellen Kultur ist in dieser Gemengelage spezifischer von dem Problem und der Einhegungspolitik der sozio-ökonomischen Bildermaschinerie der Pornografie betroffen, in der die Begriffe des Nackten, des Obszönen, des Schmutzes oder der Reinigung zu Leibwächtern einer Grenzpolitik zwischen hochwertiger Kunst oder schmuddeliger Subkultur aufgestellt werden. In ihrem Essay The Pornographic Imagination beschreibt Susan Sontag ebenfalls 1967 die poröse Grenze zwischen Pornografie und Ästhetik und wertet die Pornografie dahingehend auf, dass sie die Aufgabe der autonomen Kunst der Moderne „nicht mehr in der Erbauung und Unterhaltung („edify or entertain“) sieht, sondern darin, mit ihren Darstellungsmitteln an die Grenzen des Bewußtseins („frontiers of conscousness“) vorzustoßen und die Überschreitung („outrage“) alltäglicher Normen aufs Äußerste zu treiben [...]“ (Weder 2015: 228). Die Überschreitung ist wiederum das Paradigma, mit dem auch die Wirksamkeit der Avantgarde-Kunst im gesellschaftlichen System bemessen wird (vgl. Bürger 1974). Jedoch hat die Verschränkung von öffentlicher Nacktheit mit der künstlerischen Praxis im Fall von Charlotte Moorman eben nicht eine Pornografisierung der eigenen Kunst zur Folge, sondern schlägt in eine destruktive Praxis der Wiederaneignung ihres eigenen Körperbildes um.
Einige Monate nach der Gesetzesänderung, am 22. März 1968 führte Charlotte Moorman im Rahmen des Destruction in Art Symposium in New York das Stück One for Violin Solo von Nam June Paik auf. Moorman erscheint auf einer schwarz-weißen Dokumentarfotografie der Performance in der Seitenansicht, mit konzentriertem Blick auf die umgekehrt am Hals gefasste Violine, die sie vom Tisch vor sich gehoben hat, um sie – so sagt es die Partitur des Stückes – mit einem Schlag zu zerschmettern.
Moorman wiederholt und verschiebt durch ihre Performance die Bedeutung der ersten Aufführung des Stücks durch Nam June Paik in den Kammerspielen Düsseldorf sechs Jahre zuvor (Müller-Helle 2012). Bei aller Gleichheit der strengen Komposition und Ausführung des Stückes baut sie jedoch eine Drastik auf der Ebene der beteiligten Objekte und Körper ein. Paik hatte 1962 die Violine mit einer heftigen Abwärtsbewegung auf dem Tisch zerschlagen. Die zuvor unversehrte Insignie der bürgerlichen Hochkultur – als dies galt den Fluxus-Künstlern Geige und Klavier – lag als ungeordnete Anhäufung von zersplittertem Holz, Instrumentensaiten aus Tierdarm und dem Plastik des Kinnhalters auf der Bühne. Das Foto des Fluxus-Organisators und Historiografen George Maciunas zeigt Paik mit zusammengekniffenen Augen und konzentriert gespannter Pose sich hineinverwandelnd in die Körperspannung des feinnervigen Konzertmusikers, der die virtuosen Gesten der klassischen Musikerausbildung in einen ikonoklastischen Akt verwandelt. „Paik doing a violin solo, raised it very slowly (about 5 min) in concentrated manner & then BANG!“
Der ikonoklastische Akt der Fluxus-Performance wurde zur Zeit seiner Entstehung von der Kunstkritik als eine Entrahmung aller institutioneller Rahmen aufgefasst, die bisher Kunst und Musik strukturiert hatten. Jenseits der Zerstörung des eigentlichen Instruments, drehe Paik – so ist in Kritiken von 1962 zu lesen – die Logik der Rahmenbedingungen um: Der Code des musikalischen Notationssystems wird invertiert, die klassische Aufführungspraxis gesprengt und das Objekt der Geige in einen „letzten Klang“ überführt. Im weiteren Rahmen einer kunsttheoretischen Auseinandersetzung wurden diese Performances mit Betonung auf die Produzenten und Objekte in eine Genealogie von entgrenzten, offenen Werkformen eingegliedert, die, wie Juliane Rebentisch formulierte, „gezielt die Grenze zu ihrem nicht-künstlerischen Außen destabilisierten.“ (Rebentisch 2013) Charlotte Moormans Reenactment antizipiert Paiks Geste und bezeugt gleichzeitig, dass Wiederholung nicht einfach Kopie ist und dass Dinge, die man zweimal tut, nicht das Gleiche bedeuten. Die in der Forschungsliteratur vorwiegend als Muse Paiks und auf die Ausführung reduzierte und nicht selbst gestaltende Charlotte Moorman nutzte in ihrer Version das Stück One for Violin Solo am 22. März 1968 als Akt der Selbstermächtigung im Feld ihres öffentlich gewordenen Körperbildes und verschiebt damit den Fokus weg vom Kontext der Institutionskritik. Während der Aufführung versuchte der politische Aktivist Saul Gottlieb erst durch Zwischenrufe von hinten aus dem Raum, dann in Bühnennähe Moorman davon zu überzeugen, dass die Geige im Sinne eines Bildungsauftrags lieber an ein armes Kind der Lower Eastside gegeben werden sollte. Geoffrey Hendrix beschreibt die daraufhin eskalierende Situation in The Village Voice, in der Moorman der Aufforderung zur sozialen Handlung die symbolische Form der künstlerischen Destruktion entgegensetzt: „Slowly she raised the violin high over her head. At that point Saul pushed his way through the crowd, slid over the long table, and stood in front of Charlotte just as she brought the violin down, smashing it on Saul’s head. Everyone was stunned.“ (Hendrix 2000: 317) Indem Charlotte Moorman dem störenden Saul Gottlieb die Violine unbeirrt auf den Kopf schmetterte, entledigte sie sich nicht nur des moralinsäuerlichen Sprechens über die sozio-politische Bedeutung ihrer Handlung; sie nutzte das von Paik vorgegebene Skript mindestens auf zwei Ebenen als Akt der Transformation ihres eigenen, von kulturellen Zeichen übersäten Körperbildes. 1. Der nackte, weibliche Körper war in der historischen Avantgarde nach dem Ersten Weltkrieg durch die berühmte Fotomontage Man Rays Le Violon d’Ingre von 1924 als Überblendung des weiblichen Körpers mit der Form der Geige wechselseitig konnotiert worden: die Violine wurde zum Signum der geschwungenen Form weiblicher Rundungen und der Körper erscheint verobjektiviert und passiv dem Blick ausgesetzt, der den Kamerablick Man Rays auf seine Muse Niki doppelt und im Rückenakt fotografisch einfriert.
Indem Charlotte Moorman die Geige auf dem Kopf von Gottlieb zerstört, wird das als institutionelle Entrahmung gelesene Stück zur doppelten Wiederaneignung: des Körperbildes und der eigenen Blickmacht.
Ab dem Gerichtsfall 1967 verstärkt sich Moormans Praxis, das öffentliche Bild der Cellistin über Verfahren der Collage, des Cut-Outs, der Dopplung oder Überblendung im Ineinander des Selbstbildes und des Cellokörpers zu inszenieren, die sich in die Tradition kunsthistorischer Vorbilder einschreibt. 2. In der Ablehnung des Sprechens, des Eintretens in den Diskurs, und Ins-Werk-Setzen der Performance – Moorman war zu Beginn des Stückes noch sprechend auf die verbalen Einwände eingegangen und war dann erst in konzentrierter Pose verstummt – entzieht sie sich dem Feld der sprachlichen Zuschreibung, bzw. Fremdzuschreibung durch ihre männliche Kollegen, die ihre Auftritte von Anfang an begleitet hatten. Seit ihrem Oben-Ohne Auftritt etablierte sich der Name „Topless Cellist“, der französische Komponist Edgar Varèse bezeichnete Moorman als die „Jeanne d’Arc der Neuen Musik“ und sie firmierte in der New Yorker Avantgarde-Szene als „Muse of Paik“. Im Stil des „shadow feminism“ formiert sich in Moormans Praxis zwischen Materialzertrümmerung und zerstörten Zeichen die Aneignung einer anderen künstlerischen Produktion (Paiks), die sie sich über die Form der Destruktion nicht als „becoming, being, and doing but of shady, murky modes of undoing, unbecoming, and violating“ (Halberstam 2011: 4) zu eigen macht. In dieses Undoing ist die mediale Veröffentlichung und juridische Verurteilung ihrer Nacktheit eingeschrieben, die sie selbst in späteren Fotografien, als sie an Brustkrebs erkrankt war, an dem sie 1991 starb, umdeutet. Als versehrten Körper.
Das öffentliche Zeigen dieses einen Körpers in den verschiedenen Modi seiner Veröffentlichung hatte 1967 noch juristische und gesellschaftspolitische Konsequenzen und bedeutete eine Ausweitung des Möglichkeitsraums der Kunst. Diese Praxis rechnete mit dem Sichtbaren des Zeitungsbildes. Heutige Ausweitungen des künstlerischen Ausdrucks müssen sich auf neue Institutionen und Player – wie Google oder Facebook – einstellen, die neue Grenzposten an der Schwelle von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit aufstellen. Gegenüber diesen muss sich sogar die juristische Kontrolle erfinderisch zeigen, um nicht durch das stillschweigende Löschen von Bildern in ihrer institutionellen Wirksamkeit neutralisiert zu werden.
Adorno, Theodor W. (1963) Sexualtabus und Recht heute, in: Bauer, Fritz/Bürger-Prinz, Hans/Giese, Hans/Jäger, Herbert (Hg.) Sexualität und Verbrechen. Berlin: Fischer Verlag, S. 299–317.
Baecker, Dirk (2018) 4.0 oder Die Lücke die der Rechner lässt. Berlin: Merve Verlag.
Barthes, Roland (1973) Le plaisir de texte. Paris: Éditions du Seuil.
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