Über JURASSIC PARK II (R: Steven Spielberg, USA 1997)
Der Begriff 'Post-Fotografie' behauptet eine Zäsur, die medienontologisch zutreffen mag, ästhetisch und erfahrungslogisch aber prekär bleibt, weil das digitale Bild seinen analogen Vorläufer nicht selten im Gefolge hat, als sei dieser sein eigentlicher Referent. Beide Modi der Bildgenerierung treffen sich in der dominanten visuellen Hybrid-Form des Blockbusters: dem 'composite image', das vielleicht tatsächlich als hyperbolischer 'deep-focus shot' im Sinne Bazins zu begreifen ist, wie Warren Buckland vorschlägt. In einer Sequenz aus Spielbergs zweitem Jurassic Park-Film THE LOST WORLD wird der unsichere Status des solchermaßen geschichteten Bildes, das sich aus zwei Quellen speist, in eine Mediendifferenz-Pointe übersetzt:
Dr. Sarah Harding (Julianne Moore) bewegt sich dort fotografierend auf einen zunächst stoischen Pixel-Dino zu, der sich weder durch das Näherrücken der Forscherin, noch durch das vernehmliche Klicken der Kamera zu hektischen Reaktionen verleiten lässt und schließlich sogar eine streichelnde Berührung hinnimmt. In der Inszenierung des Kontakts beider Körper, dem indexikalischen und dem algorithmischen, wenn man so will, erfüllt sich momenthaft das Telos des 'composite image', bei dem die generelle Spur/Code-Ambiguität des Fotografischen quasi explizit wird. Die scheinbare Berührung beglaubigt ästhetisch, dass sich der profilmisch existierende Mensch und das lediglich errechnete Tier im raum-zeitlichen Kontinuum einer geteilten diegetischen Welt bewegen.
Als Moore ein weiteres Foto schießt und der Apparat daraufhin mit mechanischem Geräusch den Film zurückspult, verliert der eben noch zutrauliche Dinosaurier die Contenance und wird angriffslustig - als habe er erst im Moment der vollständigen Belichtung des Films begriffen, dass ihm mit einem analogen Verfahren zu Leibe gerückt wird (zum Sound Design der Digitalkameras gehört eben auch ein pseudo-mechanisches Klick-Simulacrum), d.h., dass von ihm eine Authentifizierung per Lichtabdruck verlangt wird, die auf der Bildebene nicht nur seine semiotische Unfähigkeit beweisen dürfte, "Teil der Existenz des Modells" (Bazin) zu sein, sondern auch eine medienevolutionäre Peinlichkeit fokussiert: Die Versagensangst des Digitalen vor dem indexikalischen Evidenzvermögen jener fotografischen Aufnahmeapparatur, der schon Benjamin zuschrieb, sie würde den Aufgenommenen einer existenziellen "Auslese" unterziehen.